Kunst trifft Kunst vom 7. bis 11.6.23

Zum Ausdrucken und Nachlesen als PDF-Datei

Auf Anregung eines Chorfreundes nahm ich zum ersten Mal an dieser Freizeit teil. Schon bei der Ankunft im Kloster, unserem Domizil für 5 Tage, geriet ich ins Staunen über die Schönheit der Anlage mit großzügigen Gebäuden, ruhigen, gepflegten Gärten mit überquellender Rosenpracht, und wie ich später entdeckte, einem unglaublich vielfältigen Kräutergarten.
Bild "KtK/KtK_1.jpg"

Nach dem ersten Zusammentreffen mit den anderen Teilnehmenden, einer Gruppe von 25 Leuten, nahm der Bildungsteil der Reise gleich Fahrt auf. Die wichtigsten Künstler, die in Würzburg wirkten, wurden uns vom Chorleiter Arno Leicht, nicht nur Kenner der Musik sondern auch der Kunstgeschichte, vorgestellt. Es war eine gute Vorbereitung für die kommenden Tage, an denen wir große und kleine, laute und ruhige Orte der Kunst in und um Würzburg mit allen Sinnen erfahren durften.

Bild "KtK/KtK_2.jpg"
Es wurden Fahrgemeinschaften gebildet und auf ging es am ersten Tag hoch zum „Käppele“, einer Wallfahrtskirche, die nach Plänen von Balthasar Neumann gebaut wurde. Und was für ein Glück, so vieles über das Bauwerk, seine architektonische Harmonie, seine Geschichte - erbaut auf dem Platz eines früheren Bildstocks- von einem echten Würzburger, der seine Heimat liebt, zu erfahren: Eine lebendige Darstellung, anregend durch Anekdoten, wie nur ein Einheimischer sie weiß, teils selbst erlebt hat und erzählen kann.


Bild "KtK/KtK_3.jpg"
Und dann das Erlebnis einer Andacht durch Hubert Pfeil an diesem besonderen Ort - und die am Vorabend eingeübten Stücke dort zu singen und trotz organisatorischer Widrigkeiten, die Orgel großartig erklingen zu hören!



Bild "KtK/KtK_4.jpg"
Eigentlich hätten diese Eindrücke schon fast für einen Tag genügt, aber nach dem „ Abstieg“ in die Stadt konnten wird noch über die schöne alte Mainbrücke zur Neumünsterkirche gehen, einem Erinnerungsort für das Martyrium von Kilian, Kolonat und Totnan, den Frankenaposteln und irischen Missionaren des 7. Jahrhunderts. Ihre Gebeine werden in der Krypta in einem Schrein aufbewahrt, aber ihre Köpfe grausam weiter weg im Dom von Würzburg. Und wie schön und beeindruckend die Riemenschneider – Madonna mit dem Kind!



Bild "KtK/KtK_5.jpg"
Nach dem Besuch des lauschigen und angenehm ruhigen Lusamgärtchens mit der Grabstätte von Walther von der Vogelweide – nicht ohne ein Gedicht von ihm gehört zu haben, vorgetragen von einem Teilnehmer- begaben wir uns in den nahe gelegenen Dom romanischer Bauweise in seiner hellen Pracht, mit seinem Kreuzgang und erneut Werken von Tillmann Riemenschneider, dessen Kunstfertigkeit man nur mit Staunen begegnen kann. Nicht zu vergessen ist auch das wunderbar einfache Merowingerkreuz in der Domkrypta, ca 1000 datiert mit dem Haupt eines wohl heidnischen Kriegers.

Der nächste Tag widmete sich dem Besuch der Festung Marienberg auf der linken Mainseite, die bis ins 18 Jahrhundert Sitz der Würzburger Fürstbischöfe war mit ihrem beeindruckendem Burghof mit Bergfried, den verschiedenen Türmen, dem Scherenbergtor und dem Fürstengarten im Renaissancestil mit Blick über die Stadt.

Und nach individuellem Abstieg durch das frühere Buga- Gelände nachmittags der imposanten herrschaftlichen Residenz, erbaut nach Plänen von Balthasar Neumann. Sie wurde als Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen, da sie als Synthese des europäischen Barocks und als das einheitlichste und außergewöhnlichste aller Barockschlösser gilt. Man konnte zuerst das gewaltige Treppenhaus bestaunen mit dem riesigen Deckenfresco, gemalt von dem berühmtesten Freskenmaler seiner Zeit, Giovanni Tiepolo mit Darstellung der vier bekannten Kontinente, wie man sie sich damals vorstellte. Aber auch die Künstler selbst sind vertreten, der Architekt (Balthasar Neumann), der Bildhauer Antonio Bossi (der weiße Saal) und Tiepolo selbst.Es fand sich die Gelegenheit verschiedene Räume (es gibt wohl 300 im Schloss), einschließlich des verwirrenden Spiegelkabinetts zu sehen.

Während all der Zeit wurde uns von Herrn Leicht immer wieder vor Augen geführt, welche Zerstörung durch einen Fliegerbombenangriff Würzburg kurz vor Ende des Krieges im März 1945 erlitten hat und wie verschiedene Gebäude und vor allem die wertvollen Fresken durch großartige Taten umsichtiger Menschen gerettet werden konnten. Und manche hatten nach all der Pracht noch Energie, die Marienkapelle zu besichtigen, um dort erneut auf die wunderbaren Kunstwerke von Tilmann Riemenschneider (teils als Kopie) zu treffen.

Bild "KtK/KtK_7.jpg"
Der Tag drei führte uns am Morgen in die dörfliche kleine Zisterzienserklosterkirche in Maidbronn, deren Schlichtheit nach dem am Tag davor Gesehenen eine wohltuende Abwechslung war. Wir konnten eine beeindruckende Andacht erleben mit den eingeübten Gesangsstücken, Orgelspiel und immer den tief berührenden Riemenschneideraltar mit der Beweinung Christi, seinem letzten Werk, vor Augen.
Es war für mich der innigste Moment dieser Tage.



Bild "KtK/KtK_8.jpg"
Es fiel zuerst schwer, sich daraus zu lösen und wieder in die geräuschvolle Umtriebigkeit der Stadt und einer dann fröhlichen Schifffahrt zurück zu kehren. Wie lieblich und wohnlich auch das in Veitshöchheim besichtigte Schlösschen nach der kalten Pracht der Residenz und wie beeindruckend und erholsam der große, verwinkelte Rokokogarten, einem der größten Europas, mit seinen angenehmen Schattenplätzen.
Und in diesem Örtchen gab es noch eine erhaltende Synagoge mit Mikwe1 zu sehen, wegen der Öffnungszeiten leider nur von außen.

All das war mehr als eine Besichtigungsreise:
  • Es war das Erlebnis einer Gemeinschaft von Menschen, die sich teilweise schon kannten und neu hinzu Gekommene freundlich aufnahmen.
  • Einer Gemeinschaft, in der auch Hochbetagte und Menschen mit Handicaps ihren Platz und Unterstützung hatten, voll teilnehmen konnten.
  • Einer Gemeinschaft, die täglich mehr zusammenwuchs.
  • Es war das Erlebnis von hoher seelischer Anregung
    • durch die Andachten,
    • durch die Texte der Gesangsstücke und
    • das Kennenlernen von mutigen biblischen Frauen.
    • Und durch literarische Beispiele Würzburger Autoren


Bild "KtK/KtK_9.jpg"
Und last, not least, die wunderbar erfrischenden Chorproben, die uns einen unerwarteten Schwung brachten, an den wir am Abend nicht mehr geglaubt hätten. Es gelang dem Chorleiter Herrn Leicht, uns unermüdlich und wunderbar humorvoll die sängerische Haltung näher zu bringen und jeder war angespornt, über sich hinaus zu wachsen. „Wir waren am Ende nicht Caruso, aber wir taten mehr so.“ Und so wuchs nicht nur die Gemeinschaft sondern auch ein Chor zusammen, der am letzten Tag den Sonntagsgottesdienst in der Klosterkirche mit gestalten konnte.

Bild "KtK/KtK_10.jpg"
Man bekam während dieser Tage immer wieder eine Idee davon, wie es ist, wenn Himmel und Erde, wie im Liedtext des Mottoliedes, sich berühren und es Friede werden könnte unter uns Menschen.


Text: Sibylle Christ
Fotos: Rudi Minz, Evi Pfeuffer





1Jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung